Enno Ahrens

Epiklord

 Schein oder Nicht-Sein

Täglich begegne ich
Diskriminierten,
Schwarzen und Äpfeln.

Schwarze bezeichnen viele
als Rasse, obwohl es de facto
keine Menschenrassen gibt.

Äpfel bezeichnet man
allgemein als Früchte,
sind aber Scheinfrüchte.

Fliegenpilz bin ich. Auch
nur Schein? Mein
Fruchtkörper prächtig.
Aber wer mich kennt,
der weiß, größtenteils
tiefschürfend verwurzelt;
schaue mir gerne die
Radieschen von unten an,
mein Myzel geht
weit auf den Grund.



Der allseits begrabene Hund

hatte das Ur-Ei des Lebens geklaut
aus der Gerüchte-Küche

nun hat die Moderne es wieder
an den Tag gebracht

man glaubte im Spiegel des
Eies sich gesehen zu haben

es wurde in der Kultur-Pfanne
verbraten von den Alchemisten

seitdem hatte der Mensch
die Verbindung zu sich selbst
verloren

setzte sich die Krone der
Schöpfung auf
nachhaltig
das war jetzt seine Kochmütze

zurück ließ er verbrannte Erde

"Aber bedenke, auf dem Weg nach überirdischer Erkenntnis und Wahrheit
ist er sich immer nur selbst begegnet."



damals gab es eine dürre

die erlaubte den hühnern
ungelegte eier zu legen
ins nicht gediehene Korn

genügsamkeit lehrte
die dürre

sie überschwemmte
den hühnerhof mit
ungelegten hühnern

einige halme mit korn
schafften den durchbruch
sie raffte die dürre

gab dem hahn davon dem
alten hungerhaken
erzeugte mit ihm viele eier

daraus schlüpften viele hühner
die ungelegte eier legten

alles wegen der dürren



Wer und was sind wir

in unserem Raumschiff
segeln wir durchs Zeitenmeer
auf geheimnisvollen Kurs
in eine ungewisse Zukunft

Goldkäfer Mistkäfer
Schakale Brillenschlangen
zu allem fähig tragen die
ganze Evolution in uns

Würde man uns umsiedeln
auf andere Planeten
wir blieben doch die gleichen
wären Goldkäfer Mistkäfer
Schakale und Giftschlangen

kämen nicht aus uns heraus

Die Größe kleiner Fische

Sie leben nach Art der Weggeschnappten,
umgehen mögliche Konfrontation,
leisten keinen vergeblichen Widerstand.

Steht einer einem riesigen Schnappfisch gegenüber,
schluckt er nur kurz, wenn er von jenem verschluckt wird;
dann frisst er ihn von innen auf.

Er gehört nicht zu den Eingeschnappten,
wenn der riesige Schnappfisch ihn Parasit nennt,

hält sich für keinen. 

AphoAll-umfassend

 Mit dem menschlichen Gehirn die ganze Welt zu erfassen, wäre so, 
wie einen Elefanten mit einer Mausefalle einzufangen. 




Oh, ihr Unverbesserlichen

ich erinnere mich noch an die
Blütezeiten in unserem heiligen Schrein,
wo sich unsere Menschenwürde dem
Sollzustand annäherte, während ihr
Ist-Zustand unwürdig erschien,
außerhalb von uns,
fiel sie dann dem Streckenabschnitt
in der Ukraine zum Opfer; dort hatte ich
das Warnschild aufgestellt mit
der Aufschrift „Gefahrenstelle“,

dort war sie zwischen die Fronten geraten,
auf den Streifen der verlorenen Werte,
zwischen Moralhasenmörder
und Jägerallee, wurde geschlagen, ans
Autobahnkreuz führte kein Weg vorbei.

Auffahrt und Abfahrt in dunkle Gründe,
in sich überschneidende Sonnenaufgänge,
matt- und plattgefahren, ohne Aussicht
auf gesellschaftliche Auferstehung;

ausgemustert liegt sie neben der
Spur, eine gebrochene Seelenachse,
standhaft den Winker raus,
auf dem Weg zurück.




Mensch Tier
1
Als Sternenstaub,
gefallen aus
der Unendlichkeit,
gestrandet
hier, endlich,
sagt sich der Leuchtkäfer,
glutvoll Erfüllung finden,
zündet sein Licht an;
Glühwürmchenhoffnung;
so segelt er durch liebliche Nacht,
aus luftiger Traumperspektive
ein böses Erwachen:
seine Eva war nackt und kroch herum,
bodenständig,
ein Schneckerl, dem Genuss auf
schleimiger Spur.
2
Die junge Biene flog von Nektarquelle zu
Nektarquelle, frohlockte:
“Das Leben ist süß.”
Ein Bienenfresser-Vogel packte sie, beförderte sie zu
seinem Ansitz, knetete sie durch, mundgerecht, und
quetschte das Gift aus dem Stachel.
Da wusste die Biene, was ihre Mutter gemeint hatte,
als sie die Warnung aussprach:
“Das Leben ist kein Zuckerschlecken.”
3
Ich erkannte den Schmerz.
Von unten aus festverbauter Fresspyramide
gesehen, wurde der Koala, welcher nicht mehr ist,
vom Eukalyptus getötet, der nicht mehr war;
der Wolf ohne Lamm, Reh und Mäuschen,
sei ein Nichts, klagte der Himmel.


4
Seine Frau besuchte ihn täglich auf dem Friedhof.
Ich sagte, es sei nicht nur seine Asche durch den Rost
gefallen, sondern ebenso alles, was ihr an ihn erinnerte,
seine besondere Art, das Ich, dessen Träume, von
denen er ihr erzählt hatte. Sie könne auch zu Hause
bleiben; hier auf dem Friedhof würde
sie ihm nicht begegnen.
5
Und über mir Verwesungsgeruch,
als du mir dein Senkblei zuwarfst,
meine Seele auszuloten.
Die Hoffnung, einst frisch und grün,
war welk geworden;
ich wässere sie beim Beten
im Morgentau.
6
Hier draußen
bin ich ein Lauscher,
beim Nachtkonzert
der Grillen und
Schlagen der Nachtigallen,
dem Röhren der Hirsche.
In der Stadt spiele ich
die erste Geige,
lass mein Auto röhren;
in seinem Licht lichtet
sich das Zirpen,
die Nachtvögel geraten
aus dem Takt.
7
Im Geisterdorf ist
ihr Geschrei verstummt,
keine Kinderhand entzündet
sich mehr an den Nesseln;
am Saum der Gärten stehen



sie verschlafen,
die Häuser nur noch leere
fruchtlose Hülsen, vereinzelt
bewohnt von Alten, gefallen
wie aus einer längst
vergangenen Zeit.
Ein Greis döst in seinem
Lehnstuhl, unwirklich
wie ein Rauchermännchen,
verschwindet einen kurzen
Moment in dem Qualmwirbel
wie in einem schwarzen Loch;
einzig die Ente im
verwilderten Fischteich
zeigt sich befindlich,
beim Eintauchen
den Bürzel aufwärts.
8
I schau, davorn
haben sich zwei
von euch >>>>>>X
Uns fehlt:
ABCD_FG
HIJKLMN
OPQR_TU
VW_YZ.
9
Ich übergebe mich,
draußen bei den Föhren,
unweit vom Quantenmeer,
dem schwankenden Sturm
der Neuronen,
setze meine Schaumkrone ab,
verschwimme im Strom
der Gezeiten.


Mathematischer Adventskalender

Anleitung:

Zunächst müssen die Kinder anhand der drei Zahlen auf jedem der 24 Türchen dessen zuzuordnendes Datum ermitteln, indem die Zahlen mit/untereinander addiert und/oder subtrahiert werden. Es ergibt immer ein eindeutiges Ergebnis, welches in das Kästchen mit dem silbernen Stern eingetragen wird. Sie müssen nur darauf achten, keine Zahl über 24 rauszubekommen.
Auf nebenstehender Rückfront stehen die Ergebniszahlen, die den jeweiligen Tag im Dezember markieren. Beim Öffnen eines Türchens sehen die Kinder dann, ob sie richtig gerechnet haben.
(Freuen würde ich mich, wenn bei diesen Zahlenrechnereien überraschend ein Kind mit dem Rechnen per Taschenrechner ein Schema entdecken könnte, obwohl das Kind noch kein Rechnen mit negativen Zahlen kennt. Kommt ja erst ab 5. Klasse. Nichtsdestotrotz könnte das Kind rauskriegen, dass man immer nur von der großen Zahl die beiden anderen abzuziehen braucht und wenn das Display ein Minusvorzeichen anzeigt, dieses ignorieren kann. Es ist dann das zu ermittelnde Datum. Und das Kind auf jeden Fall pfiffig.)

(C) Autor Epiklord/Enno Ahrens